„Gerade die aktuelle Corona-Pandemie hat vor allem gezeigt, dass die grätzlnahe Gesundheitsversorgung besonders wichtig ist. Im niedergelassenen Bereich verlagert sich jedoch sehr viel in den Bereich der Wahlärzte. Wir müssen daher in Wien aktuell von einem De-facto-Ärztenotstand sprechen“, erklärt VP-Landesparteiobmann Stadtrat Karl Mahrer im Zuge eines Pressegesprächs gemeinsam mit Seniorenbundpräsidentin LAbg. Ingrid Korosec.
So ist in Wien in den letzten Jahren die Anzahl der Kassenärzte gesunken, während gleichzeitig die Anzahl an Wahlärzten stark gestiegen ist. Während es im Jahr 2010 1.745 Kassenärzte gab, hat sich die Zahl bis zum Jahr 2021 auf 1.561 verringert. Die Anzahl der Wahlärzte ist im selben Zeitraum von 3.033 auf 3.967 gestiegen. Die konkreten Auswirkungen auf die Menschen sind groß: „Wenn man einen Kassenarzt benötigt, muss man zwangsläufig lange Wartezeiten bzw. lange Anfahrtszeiten in Kauf nehmen. Und auch nicht jede Bürgerin bzw. Bürger kann sich einen Wahlarzt leisten bzw. sehr lange auf den teilweisen Kostenersatz warten. Dem Trend in Zusammenhang mit der Verlagerung in den Bereich der Wahlärzte muss daher auch seitens der Stadt Wien etwas entgegengesetzt werden“ so Mahrer und Korosec ergänzt: „Die Konsequenz daraus ist auch, dass die Menschen in weiterer Folge die Spitalsambulanzen aufsuchen, die dann überfüllt sind.“
Ein besonders wichtiger Bereich, in dem es eklatante Versorgungslücken gibt, ist jener der Kinderärzte mit Kassenvertrag. So gibt es aktuell in ganz Wien lediglich 76 Kinderärzte mit Kassenvertrag. Im Jahr 2010 waren es noch 91 Kinderärzte. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Wahlärzte in der Kinderheilkunde von 76 auf 135 angewachsen. Rund 60 Prozent aller unbesetzten Kassenstellen betreffen den Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde.
Die Gründe für zu wenig Kassenärzte sind vielschichtig: Zu niedrige Kassen-Honorare, ein veraltetes Honorarsystem, welches nicht an die heutigen Patientenwünsche angepasst ist und schlichtweg zu viel Bürokratie.
Primärversorgungseinheiten müssen ausgebaut werden
Eine mögliche Abhilfe können sogenannte Primärversorgungseinheiten bieten. Diese sind ähnlich wie Ärztezentren und würden enorme Vorteile, wie längere Öffnungszeiten, eine wohnortnahe Versorgung sowie ein breiteres medizinisches Angebot mit sich bringen. „Alles an einem Platz – und das mit Kassenärzten. Vom ausdrücklichen Versprechen – im Regierungsprogramm der rot-pinken Stadtregierung – bis 2025 36 Primärversorgungseinheiten zu etablieren, ist man jedoch aktuell weit entfernt“, kritisiert Mahrer. Seniorenbundpräsidentin Korosec betont, dass in diesem Zusammenhang eine Revolution notwendig ist. Wir brauchen im Bereich der Kassenärzte eine Pauschalierung sowie eine bessere Honorierung, appelliert sie an ÖGK, Ärztekammer und Stadt Wien.
„Gesundheitsstadtrat Hacker und Bürgermeister Ludwig tragen die gesundheitspolitische Verantwortung und müssen dafür sorgen, dass hier übergreifend Verhandlungen geführt und Lösungen gefunden werden. Ich fordere dazu auf, die parteipolitische Brille abzunehmen, damit in allen Bereichen die Gesundheitsversorgung für die Menschen in Wien sichergestellt werden kann“, so Mahrer, der die Unterstützung der Volkspartei im Sinne einer konstruktiven Oppositionspolitik anbietet.